Die Menge eines jeden Gases, welches sich in
Flüssigkeit löst, ist direkt abhängig vom Partialdruck des Gases, welches die
Flüssigkeitsoberfläche berührt, sowie vom Löslichkeitskoeffizienten des betreffenden
Gases in der betreffenden Flüssigkeit. Dies
bedeutet, dass ein Mensch unter normalen Umgebungsbedingungen von jedem in der Atemluft
vorhandenen Gas eine dem Gaspartialdruck entsprechende Menge im Blut sowie den
Körpergeweben gelöst enthält. Begibt sich der Mensch in eine Wassertiefe, die einer
Partialdruckverdoppelung entspricht, so verdoppelt sich auch die im Blut und den Geweben
gelöste Gasmenge. Umgekehrt wird die entsprechende Gasmenge beim Aufsteigen aus der Tiefe
und der damit einhergehenden Druckminderung wieder frei: Geschieht dies zu schnell, so
bilden sich dabei Gasblasen, vergleichbar den Gasblasen beim Öffnen einer
Mineralwasserflasche. Dabei kommt es zu einer Gasembolie - auch als
Dekompressionskrankheit bezeichnet - mit besonderen Schädigungen im Bereich des
Zentralnervensystems.
Gasblasen treten immer dann auf, wenn ein tolerables Maß
der Übersättigung einer wässrigen Lösung mit Gas überschritten wird.
Früher nahm man an, dass dieser Übersättigungsfaktor im menschlichen Blut etwa 2
beträgt, d.h., dass ein Aufstieg aus 10 m Wassertiefe = 2 bar Druck an die
Wasseroberfläche gerade noch ohne Auftreten von Gasblasen möglich wäre. Aus heutiger
Kenntnis heraus ist dieser Übersättigungsfaktor aber deutlich kleiner; schon beim
schnellen Auftauchen aus nur 6 m Wassertiefe lassen sich mit empfindlichen diagnostischen
Techniken Gasblasen nachweisen.
Die rechnerische Erfassung dieser Phänomene im
menschlichen Organismus wird dadurch höchst kompliziert, dass die verschiedenen
Körpergewebe (anders als die Blutflüssigkeit in den Lungenkapillaren, die sich binnen
Sekundenbruchteilen mit der Luft in den Lungenbläschen ins Gleichgewicht setzt)
unterschiedliche Zeiten für das Erreichen eines Gleichgewichtszustandes benötigen.
Beispielsweise beträgt diese Zeit für Fettgewebe Stunden, so dass auch bei einem längst
an die Wasseroberfläche aufgetauchten Taucher noch in den Stunden nach einem längeren
und tieferen Tauchgang soviel Stickstoff in seinem Fettgewebe physikalisch gelöst sein
kann, dass dieser Stickstoff zur Bildung von Gasblasen im Blut führen kann.
Entsprechend ist es verständlich, dass das Risiko hierzu
bei Tauchern mit hohem Körperfettanteil größer ist, was bei der Beratung und
Beurteilung der Tauchtauglichkeit übergewichtiger Personen berücksichtigt werden sollte.
Gefahren, die von den Gaspartialdrücken ausgehen, ergeben
sich beim Tauchen in mehrerlei Hinsicht: Wird mit normalen Presslufttauchgeräten
in
größere Tiefen getaucht, so steigt der Stickstoffpartialdruck (Stickstoffteildruck) auf
Werte an, bei denen Stickstoff giftig wirkt: So beträgt der Stickstoffpartialdruck in 40
m Wassertiefe (5 bar x 0,78 =) 3,9 bar. Dieser Stickstoffpartialdruck kann bereits zu
einer Stickstoffnarkose, in der Tauchmedizin auch als Tiefenrausch bekannt, führen:
Dies zeigt sich zunächst in einer euphorischen und der
Situation unangemessen unkritischen Bewusstseinslage des Tauchers, die zu unkontrollierten
Reaktionen und der Gefahr des Absteigens in größere Tiefen mit Verstärkung der
Symptomatik und Ertrinken führt. Wird dagegen mit reinem Sauerstoff getaucht, wie dies
für Sporttaucher unzulässig ist, aber z.B. im militärischen Bereich genutzt wird, so
wird auf Grund des (gegenüber den sonst üblichen Lebensbedingungen des Menschen an Land)
massiv gesteigerten Sauerstoffpartialdrucks rasch die Sauerstofftoxizitätsgrenze
überschritten:
Wird in 10 m Tiefe reiner Sauerstoff geatmet, so entspricht
dies einem Sauerstoffpartialdruck von ca. 2 bar und damit dem fast zehnfachen des an Land
üblichen Sauerstoffpartialdrucks in der Atemluft auf Meereshöhe (0,21 bar). In diesem
Druckbereich (und mehr noch bei 15 m Tiefe) sind - vor allem unter den Bedingungen
körperlicher Arbeit - bereits sauerstofftoxische Effekte mit Erregungsstadium und
schließlich Bewusstlosigkeit möglich.
Vom Absolutdruck eines Gases abhängige Risiken ergeben
sich aber auch z.B. in ganz anderem Zusammenhang: Taucht ein Mensch, der nur den Atem
angehalten hat, wieder an die Wasseroberfläche auf, so sinkt der Umgebungsdruck beim
Auftauchen aus 10 m Wassertiefe auf die Hälfte; entsprechend sinken alle
Gaspartialdrücke im Körper - selbst wenn in dieser Zeitspanne keinerlei Gas verbraucht
wird - ebenfalls auf die Hälfte: Ein auf die Hälfte sinkender Sauerstoffpartialdruck
kann aber binnen Sekunden (aufgrund von Sauerstoffmangel im Gehirn) zur Bewusstlosigkeit
mit anschließendem Ertrinken führen:
Dies ist in der Tauchmedizin als
Flachwasserertrinkungstod bekannt. Die Gefahr hierzu wird größer, wenn vor
dem Tauchen in Atemanhaltetechnik (= Apnoe-Tauchen) hyperventiliert (Hyperventilation:
sehr schnelles Ein- und Ausatmen über längere Zeit) und dadurch vermehrt Kohlendioxid
abgeatmet wird: Damit wird der Atemanreiz durch ansteigenden Kohlendioxidpartialdruck
zeitlich auf einen späteren und dann u.U. zu späten Zeitpunkt verschoben. Entsprechend
muss vor der Anwendung einer Hyperventilation vor einem Apnoe-Tauchgang dringend gewarnt
werden.